Letzten Samstag las ich in der Zeitung, dass sich der Bund den Begriff «Langsamverkehr» abgewöhnt. Die Erfindung dieses Begriffs war damals durchaus gut gemeint, es musste ja erst einmal ein Verständnis dafür geschaffen werden, dass Strassen nicht nur für Autos da sind. Ein Umdenken war nach jahrzehntelangem konsequent ums Auto herumplanen nicht immer einfach – ein Sammelbegriff für alle «Nicht-Autos» war da bestimmt hilfreich.

Über diese Funktion als Sammelbegriff hinaus war das Wort «Langsamverkehr» aber auch immer etwas irreführend. Einerseits suggeriert es, das Velo sei ein langsames Verkehrsmittel. Nun wird niemand bestreiten, dass ich mit dem Auto schneller in Zürich wäre als mit dem Velo (wobei ich persönlich den deutlich schnelleren Zug nehmen würde), aber im Stadtverkehr ist das Velo dem Auto in Sachen Wendigkeit und Schnelligkeit überlegen. Anders als das Velofahren ist das Zufussgehen jedoch immer langsam. Und deshalb lösen planerische Massnahmen für den Veloverkehr nicht automatisch auch die Probleme des Fussverkehrs.

Nachdem sich die Verkehrsplanung der letzten Jahre intensiv mit Velostreifen und durchgehenden Velonetzen beschäftigte, besinnt sie sich nun auch vermehrt auf die Bedürfnisse der zu Fuss gehenden Bevölkerung. So wird etwa schweizweit die Fussgängerfreundlichkeit von Städten erhoben, was mich als überzeugte Fussgängerin sehr freut. Mit einer Fussgängerzone hier und da ist es nämlich nicht getan – auch wir brauchen ein durchgehendes Verkehrsnetz. Auch da findet inzwischen ein Umdenken statt, wobei die baulichen Fehler der Vergangenheit oft nur schwer zu korrigieren sind. Bis vor wenigen Jahrzehnten wurden eifrig Unter- und Überführungen für den Fussverkehr gebaut, um den motorisierten Verkehrsfluss möglichst nicht zu stören. Menschen, die sich ohne Fahrzeug bewegten, waren für die Verkehrsplanung lange Zeit vor allem lästig.

Dieser Umstand mag erklären, warum die Stadt Olten in den Achtzigerjahren ihre einzige Fussgängerbindung zwischen den beiden Stadtseiten ohne viel Aufhebens verkaufte; ein fataler Entscheid, der bis heute nachwirkt. Der aktuelle Besitzer der Winkelunterführung kommt seinen Verpflichtungen gegenüber der Öffentlichkeit insofern nach, dass er das Wegrecht gewährt, aber darüber hinaus macht er nicht viel: die Passage gammelt seit Jahren vor sich hin. Leider scheiterten bisher alle Versuche, die Interessen des Eigentümers und jene der Öffentlichkeit in Einklang zu bringen.

Das Problem ist weniger der Eigentümer selbst als die Tatsache, dass es einen gibt: öffentliche Verkehrswege gehören nicht in private Hände, selbst wenn sie ein privates Gebäude untertunneln (was seinerseits ein Überbleibsel einer längst überholten Verkehrspolitik ist). Hierzulande käme niemand ernsthaft auf die Idee, ein Autobahnkreuz oder ein Stück Kantonsstrasse zu verkaufen. Es wird Zeit, dass wir dieselben Massstäbe anwenden, wenn es um unser Fusswegnetz geht: das Recht auf gut erhaltene und sichere Verkehrswege muss für alle gelten.